Kurz vor Sylvester, um genau zu sein eine Stunde vor Ladenschluss am 31.12.09, musste ein Feuerwerk her. Elias wollte zündeln, wollte Raketen und laute Knaller, so wie ich damals. Das kann man seinem Sohn nicht verübeln und auch bei mir kommen zu dieser Zeit immer wieder Erinnerungen an die Sylvesterknallerei auf. Im Jahre 1969 flogen die Amerikaner zum Mond und kurz danach hielt die Raketentechnik Einzug in die deutschen Haushalte. Damals waren es noch Einzelstücke denen man dann stundenlang huldigen musste, bevor sie um Mitternacht gezündet wurden. Die Wartezeit bis Mitternacht wurde mit Luftschlangen und peinlichen Tischfeuerwerken verkürzt...
Heute ist das anders. Wäschekörbe voll Knaller und Raketen werden aus den Geschäften getragen - fast alle Made in China. Dennoch - an "Brot statt Böller" konnte ich mich nie gewöhnen. Brote fliegen einfach viel schlechter. Also kauften auch wir eines dieser Raketensets, die es heutzutage in jedem Supermarkt gibt, und eine 400 Schuss Flugabwehrbatterie. Aber Einzelknaller - Fehlanzeige! Die sind hier auf dem Lande schon viel schwieriger zu bekommen.
Wir brauchten noch gelbe Säcke, die sind hier auch nicht so leicht zu bekommen. Gewiss - voll stehen sie überall herum, aber leer werden sie wie feinste Seide gehandelt - zumindestens hier in der Gegend. Aber dieser Zufall führte uns zu einem Laden, in dem dann tatsächlich Einzelknaller zu kaufen waren. Vorallem diese dicken roten dynamitstangenähnlich aussehenden Rohre. Elias war gleich beeindruckt. Ruck zuck erwarben wir für 4 Euro 18 ein ausgesuchtes Sortiment.
Gelbe Säcke haben wir diesmal wieder nicht bekommen, dafür schenkte uns dieser nette Kaufmann aus alten NVA-Restbeständen 6 Feuerwerkskörper. 3 mal Bengalzauber und 3 mal Brilliantwirbel. Wahnsinn - mindestens 20 Jahre alt - und damals zusammen für glatte 15 Mark gehandelt.
Wir haben natürlich nicht bis Mitternacht gewartet. Was soll man sich denn auch bis Mitternacht quälen, wenn man alles schon um 19 Uhr in die Luft jagen kann. Es wird ja schliesslich auch schon früh dunkel. Die Raketen waren gut, stiegen schön hoch und hatten, wie der Kenner sagt, eine vielseitige und farbenprächtige Blüte. Hut ab, das haben die Chinesen einfach drauf. Auch die Vulkane, die in dem Raketenset dabei waren, hatten was. Dann der zwanzig Jahre alte Bengalzauber. Ein Wunder denn die Dinger zündeten nach 20 Jahren noch. Eine etwa 7 Zentimeter hohe Flamme mit Farbwechsel von grün über gelb nach rot. Das ganze sah aus wie ein russischer Schweissbrenner mit Startschwierigkeiten, aber der Permafrostboden - hier hatte es tagelang schon gefroren und geschneit - war weiträumig aufgetaut.
Die Böller waren eine Enttäuschung. Nicht wie damals die feine handgedrehte Ware, bei denen der Schnee um den Böller durch die Detonation gleich meterweise weggeblasen wurde. Die heutigen Kracher sind durch staatliche Regeln und EU-Reformen zu in wattegepackten Ameisenpupsen verkommen. Kaum hörbar, insbesondere wenn sie versehentlich in den Schnee plumpsen.
Zu guter Letzt die Brilliantwirbel - mit Farbwechsel. Sie mussten frei drehend an einen Holzpfahl angenagelt werden. Den Nagel gab es nicht mitgeliefert, ob das damals auch schon so war, weiss ich nicht. Möglicherweise gab es schon immer logistische Probleme in der Planwirtschaft, so auch bei diesen Brilliantwirbeln. Aber schnell war ein Nagel in passnder Grösse und ein geeigneter Platz zum Anbringen gefunden. Auch sie zündeten nach 20 Jahren unglaublicherweise noch. Der starke Anfangstreibsatz verblasste schnell, brachte die Dinger aber zum Rotieren. Danach eierte das Teil sekundenlang um den Nagel herum - die Aufhängung ist, das verrät ein kurzer Blick, dummerweise nicht mittig montiert. Aber was solls, das war damals so. Da gab es nichts anderes. Dennoch war der Farbwechsel beeindruckend. Von rot nach schwarz und ich konnte plötzlich verstehen, wie sehr ein solches Erlebnis Frau Merkel schon in frühen Jahren beeinflusst haben muss.
Wir wünschen allen Lesern ein tolles und ereignisreiches Jahr 2010.