Wir werden dieses Jahr an Weihnachten unweigerlich den ganzen Abend vor einem neuen Computer hängen. Für uns gibt es da viel zu viel nachzuholen. Sieben Jahre lang hatten wir diesen alten Computer. Tausende Kilometer Schotterpiste, Staub, Dreck und Salz. Nicht alles was aus China kommt ist anscheinend Schrott. In seinem Leben wurde der Laptop zwar insgesamt 8 mal wiederbelebt und ist eigentlich schon lange elektrisch tot, aber bis zum letzten fliessenden Elektron wird der alte Rechner noch umlagert.
Der Altar im Kinderzimmer und die Schnittstelle zur wirklichen Welt. Es dauert noch ein paar Tage bis Weihnachten. Durchhalten ist angesagt. Eigentlich ist es gar kein Computer mehr, es sind vielmehr nur noch seine Einzelteile. Der Bildschirm ohne Gehäuse, die Hauptplatine, die Maus und ein Netzteil. Zur Not kann noch die Tastatur angeschlossen werden, dann muss man aber die Hauptplatine, die unter der Tastatur liegen muss weil deren Anschlusskabel so kurz ist, vorher mit einem Blatt Papier abdecken. Sonst erzeugt die aufgelegte Tastatur, deren Rückseite dummerweise aus blankem Blech besteht, einen Kurzschluss. Die kleinen Widrigkeiten im Umgang mit alter Technik.
Nach jedem Starten also die bange Frage: wird der Bildschirm noch einmal hell? An die Streifen auf dem Bildschirm hatten wir uns schon lange gewöhnt. Aber seit ein paar Wochen blieb der Rechner immer öfter einfach stehen, oder ging ganz aus, um dann vielleicht doch noch mal hochzufahren, oder auch nicht. Manchmal liefen die zusammengesteckten Reststücke auch locker noch zwei Stunden bevor der gefürchtete Bluescreen das Vergnügen stoppte. Und es war fies: bei Papa liefen die Einzelteile immer am längsten und er konnte sie auch viel schneller wieder zum Laufen bringen.
Dafür konnte Elias inzwischen an den verschiedenen Schwarztönen des dunklen Bildschirmes erkennen, ob der Rechner noch einmal hochfahren wird, oder ob es beim gefürchteten Festplattenflimmern bleiben wird. Fährt er dann hoch, so bleibt die Frage, ob der dann auch läuft, oder ob er einfach wieder stehen bleibt. Wenn es gut ging brauchte man etwa 5 Minuten bis die Kiste lief und es möglich war ein Spiel zu starten, oder ein Video auf YouToube zu sehen. 20 Startversuche sind oft keine Seltenheit bis sich die Lage auf der Mutterplatine stabilisiert hat.
Jetzt in der Vorweihnachtszeit, wenn die Nächte lang und dunkel sind, hört man immer öfter das entäuschte Stöhnen aus dem Kinderzimmer: "schon wieder aufgehängt". Aber anstatt die Teile in die Mülltonne oder den Wertstoffsack zu schmeissen, werden noch mal alle Stecker gezogen, wird der Prozessor durch kräftiges Pusten noch mal runtergekühlt, wird der Hauptspeicher noch mal ein bischen kräftiger in seinen fünfzigpoligen Stecker gedrückt. Es kann auch was bringen die Hauptplatine etwas zu biegen, wegen der kalten Lötstellen. Manchmal läuft er dann wieder. Tatsache! Man muss auch mal Glück haben. Auch wenn der Rechner anschliessend nur ein paar Minuten funktioniert. Es geht ja auch manchmal länger. Also Stecker rein, anschalten und an der Farbe des Bildschirmschwarzes die Gewissheit es geht oder es geht nicht. Da soll einer mal sagen man könne zu toter Materie keine persönliche Beziehung aufbauen. Doch man kann! Man kann sogar zu den Einzelteilen sprechen und sie anflehen doch noch ein bischen zu funktionieren. Es sind noch Tage bis Weihnachten, da kann man sich schon ein bischen Mühe geben.
Und die Tage bis Weihnachten vergehen soooo langsam. Insbesondere wenn man keinen Computer hat. Wenn es keinen Schnee gibt. Wenn die Lebkuchen und Dominosteine nicht mehr schmecken weil der Computer nicht mehr läuft. Wenn man nicht mehr auf den Weihnachtsmarkt gehen kann, weil der Computer nicht mehr läuft, weil mit Computer kann man googeln wo es denn überhaut einen Weihnachtsmarkt gibt und ohne Computer geht das nicht. Weil man keine Geschenke kaufen kann ohne Computer, jedenfalls nicht hier auf dem Lande. Nicht mal Kekse kann man ohne Computer backen, wegen der Rezepte die der Computer hat, das waren nämlich immer die Besten. Und so kann man 2011 Jahre nach Christi Geburt ohne Computer nicht mal mehr genau sagen wer das denn nun wieder war - dieser Christi! Ist ja auch egal, Hauptsache bald ist Weihnachten und es gibt einen neuen Computer.
Ja so ist das dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit. Faktisch ein Wachkoma. Praktisch ohne Computer. Aber am 24. Dezember, das haben wir durch die Werbung und die Supermärkte mitbekommen, darf ausgepackt werden. Wir werden gleich vor dem Frühstück auspacken und dann auch nicht mehr ans Telefon gehen, sondern am Computer bleiben. Somit wünschen wir allen unseren Lesern schon jetzt ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr...
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